VORBILD BREMEN: Ulrich Wolter drängt auf besseren ÖPNV
Leipzig – (27.02.2023) Die Partei DIE LINKE lud am Donnerstag, 23. Februar, zu einer Diskussionsveranstaltung zur Zukunft der Kleinmesse am Cottaweg ein. Hintergrund: RB ist verpflichtet, eine bestimmte Zahl an Parkplätzen auf dem Festgelände Cottaweg bereitzustellen, zugleich ist der Platz aber durch Veranstaltungen, wie Zirkus und Kleinmesse, oft wochenlang blockiert, wodurch RB die geforderte Zahl an Parkplätzen zeitweise gar nicht bereitstellen kann. Doch vor allem ging es um den Verkehr überhaupt rund ums Stadion. Dabei berichtete Franziska Riekewald, stellv. Vorsitzende der Stadtratsfraktion DIE LINKE, Sprecherin für Mobilität und Verkehr sowie Mitglied im Aufsichtsrat der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), dass RB pro Spieltag rd. 100.000 Euro aus dem Erlös des Kombitickets (Stadionticket + MDV-Fahrtberechtigung) an den Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) weiterreicht.
Ulrich Wolter, Vorstandsmitglied von RB Leipzig hatte folgende zentrale Botschaften:
- RB besteht auf die Umsetzung des Verkehrskonzepts 2014 nach dem Vorbild Bremen, das im Kern ein Minimum an Parkplätzen in Stadionnähe und ein Maximum an ÖPNV vorsieht, der auch P&R-Parkplätze bestmöglich anbindet
- die Fertigstellung des „Masterplans Sportforum“ solle baldmöglichst durch die Stadt erfolgen
- RB besteht nicht darauf, die 1.300 Parkplätze auf dem Kleinmessegelände vorzuhalten, zu der sich die Stadt RB gegenüber verpflichtet hat, unter der Maßgabe, dass das ÖPNV-Angebot deutlich verbessert wird und ggf. ein Parkhaus auf dem Parkplatz der Quarterback Immobilien-Arena entsteht, wie ein erster Entwurf des Masterplans Sportforum vorschlägt
- RB befürchtet, dass während der zweijährigen Sperrung der Zeppelinbrücke ab Mai das Verkehrschaos noch größer wird als bisher
Städtisches Zuständigkeitswirrwarr beim Festgelände Cottaweg
Gleich zu Beginn wurde Ulrich Wolter zum RB-Standpunkt bezüglich der Situation am Cottaweg befragt. Er führte aus, dass RB zur Schaffung von rund 1.300 Parkplätzen durch die Stadtverwaltung im Zuge der Erweiterung der Red Bull Arena verpflichtet wurde, ohne dass innerhalb der Stadtverwaltung geklärt wurde, wie dies überhaupt gewährleistet werden könne. RB habe es bezüglich der Nutzung des Festgeländes mit drei unterschiedlichen Ansprechpartnern und Ämtern zu tun: Das Bauamt, das Kulturamt, das für die Vergabe der Veranstaltungsflächen zuständig sei, und das Ordnungsamt, das unter anderem zur Durchsetzung des ruhenden Parkverkehrs zuständig ist. Eine Absprache untereinander, auch unter Berücksichtigung des Rahmenterminplans (der u.a. durch die DFL und auch UEFA vorgegeben wird), wann das Festgelände als Parkplatz unbedingt zur Verfügung stehen müsse, erfolge nicht. RB bestehe gar nicht darauf, diese Anzahl an Parkplätzen vorzuhalten, sei aber eben dazu verpflichtet: „Mehr Parkplätze provozieren mehr Autoverkehr“, das könne von niemandem gewollt sein, so Wolter. Allerdings müsse es darüber Gespräche mit der Stadtverwaltung geben. Und falls sie auf die Einhaltung der Verpflichtung bestehe, solle sie auch sagen, wo diese Parkplätze entstehen könnten. Vielleicht ja in Form eines Parkhauses auf dem Parkplatz neben der Quarterback Immobilien-Arena?
Franziska Riekewald bemerkte dazu, dass dieses Detail den Stadträten bislang nicht bekannt gewesen sei, sie durch die Stadtverwaltung zum Zeitpunkt der Festlegung zwischen Stadt und RB nicht einbezogen wurden, allerdings formal auch nicht hätten einbezogen werden müssen. Sie verwies darauf, dass das sächsische Baugesetz Bauherren zur Schaffung einer bestimmten Anzahl von Parkplätzen verpflichte, egal ob die beteiligten Akteure dies wollten oder nicht. Hier brauche es eine Anpassung der gesetzlichen Vorgaben auf Landesebene. Riekewald unterstrich den bereits in der Vergangenheit geäußerten Standpunkt der LINKEN, dass der Standort der Kleinmesse am Cottaweg, wie auch von Veranstaltungen wie dem Weihnachtszirkus, nicht verhandelbar sei, da speziell für bestimmte Fahrgeschäfte, wie Riesenrad oder Freefalltower, der Boden eine bestimmte Traglast vorweisen müsse, was an anderen ggf. in Frage kommenden Standorten im Stadtgebiet nicht gegeben und zudem der traditionsreiche Standort ideal zu erreichen sei. Sie zeigte sich aber offen für Gespräche mit dem Kulturamt über die Vermietung des Festgeländes an weitere Veranstalter, wie Trödelmarkt oder kleinere Zirkusse und Puppentheater, die ihre Zelte bislang am Cottaweg aufschlagen. Diese müssten nicht zwingend an diesem Standort ihre Zelte aufschlagen. Wolter führte als Beispiel das aktuell gastierende Puppentheater an, wodurch allein beim Championsleague-Spiel gegen ManCity die Hälfte der Parkplätze nicht zur Verfügung standen.
Außerdem hob Wolter nicht nur hervor, dass RB selbst auf der Festwiese eine „Fahrradgarderobe“ vorhalte, sondern seit Jahren mit der Stadtverwaltung im Gespräch darüber sei, dass seitens der Stadt deutlich mehr Fahrradabstellmöglichkeiten geschaffen werden sollen, jedoch bisher nichts passiert sei.
Ausbau des ÖPNV zwingend, um Autoverkehr im Stadionumfeld zu reduzieren
Schließlich verlagerte sich die Diskussion mehr und mehr auf den zwingenden Ausbau des ÖPNV und die Parkplatzsituation. Das Weserstadion in Bremen sei ein vergleichbares Beispiel zur Red Bull Arena, so Wolter: Das Stadion liege mitten in einem Wohngebiet, werde durch eine Straße mit leistungsfähigem Straßenbahnverkehr durchzogen und das Viertel sei an einer Seite durch einen Fluss begrenzt: Hier sei das Wohngebiet mittels Sperrzone vor Autoverkehr geschützt, würde die Anreise durch Bus und Bahn auch von entfernten P&R reibungslos funktionieren. Sämtlicher Durchgangs- und Parkplatzsuchverkehr werde erfolgreich durch Straßensperrungen im Wohngebiet und Stadionumfeld unterbunden, Parkplätze seien erst gar nicht vorhanden, die jemand versuchen könnte zu erreichen, Akkreditierte wie auch Mobilitätseingeschränkte ausgenommen. Fußgänger sowie Bus und Bahn könnten dort ungehindert laufen bzw. fahren.
Ein Vertreter der AG Stadionumfeld, einer gemeinsamen Arbeitsgemeinschaft des FanveRBandes und der Rasenballisten, merkte an, dass das seit 2014 existierende Verkehrskonzept Sportforum vom selben Ingenieurbüro erstellt wurde, das auch das Verkehrskonzept für das Weserstadion erstellt hat und es darin viele Handlungsempfehlungen, die in Bremen bereits umgesetzt werden, auch für Leipzig gibt: Dazu gehört nicht nur die Sperrung des Waldstraßenviertels, sondern auch der Jahnallee vor und nach Veranstaltungen, eine bessere Anbindung von P&R durch den ÖPNV, der Bau einer leistungsfähigen Straßenbahnwendeschleife an der Ostseite des Stadions für einen leistungsfähigen und effizienten ÖPNV. Er verwies darauf, dass es seit Jahren einen gültigen Stadtratsbeschluss gibt, wonach die Stadtverwaltung beauftragt wurde, Variantenvorschläge für den Bau einer solchen Schleife vorzulegen, das sei bis heute aber nicht passiert. Ungeachtet dessen habe die Stadtverwaltung mit einem Investor (RB) darüber verhandelt, das Gelände Schwimmstadion zu verkaufen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen sei nun der Bau einer Schule auf diesem Gelände vorgesehen, obwohl noch immer keine Vorschläge gemacht wurden, wo eine Wendeschleife, die eine Aufstellfläche für acht bis zehn Straßenbahnen bietet, gebaut werden könne. Mutmaßlich sei allein das Gelände Schwimmstadion als Wendeschleifenstandort geeignet.
Zugleich verwies der Vertreter der AG Stadionumfeld darauf, dass die derzeitige durch die LVB angewandte Praxis der Abwicklung insbesondere des Abtransports ineffizient sei. Als Beispiel führte er an, dass nach Veranstaltungsende die Sonderlinie 56 zur Neuen Messe nicht auf direktem Weg fahre, sondern vom Waldplatz über Wilhelm-Leuschner-Platz, Augustusplatz und Hauptbahnhof geführt werde oder die Sonderlinie 50 nach Wahren nicht über den direkten Weg (Pfaffendorfer Straße) fahre, sondern über den Hauptbahnhof. Sein Hauptkritikpunkt war die Auflösung der Doppelhaltestellenfunktion an der Haltestelle Sportforum Süd, wodurch der Abfertigungsprozess einer einzelnen Bahn viel zu lange dauere und so auch nicht zwei Bahnen gleichzeitig abgefertigt werden könnten. Diese Auflösung der Doppelhaltestellenfunktion bezeichnete er als absurd. Es ginge der AG um einen effizienteren Abreiseverkehr, der auch ermöglicht, dass Bahnen durch kürzere Fahrzeiten bzw. Umläufe mehrfach eingesetzt werden könnten. Das müsse auch durch die Sperrung der Jahnallee für den Autoverkehr passieren, der den Bahnverkehr behindere. Ulrich Wolter merkte dazu noch an, dass die Fußwege entlang der Jahnallee gar nicht breit genug seien, tausende Fußgänger aufzunehmen und es hier zu Konflikten mit dem Autoverkehr komme, indem der Autoverkehr auf die Straßenbahntrasse ausweiche und so die Straßenbahnen ausbremse.
Ebenfalls verwies Wolter darauf, dass es insbesondere bei Spielen um 21 Uhr Besuchern aus dem näheren Umland an einer Rückfahrmöglichkeit per ÖPNV fehle, wodurch für viele das Auto das einzige Mittel der Wahl sei.
Die Runde war sich einig, dass es nicht sein könne, dass man zu Fuß genauso schnell am Hauptbahnhof sei, wie mit der Straßenbahn.
Zweijährige Sperrung der Zeppelinbrücke: Das Verkehrschaos wird größer
Schließlich machte Ulrich Wolter deutlich, dass all die Probleme, die es derzeit gibt, ab Frühjahr, voraussichtlich Mai, für die kommenden zwei Jahre quasi Makulatur seien, wenn die Zeppelinbrücke, und damit die Jahnallee ab Straße am Sportforum gen Westen, auf Grund von Sanierungsarbeiten gesperrt werde: Für den Autoverkehr komplett, für die Straßenbahn bedeute die Sperrung, dass die Trasse nur noch eine Leistungsfähigkeit von 50 Prozent gegenüber dem jetzigen Zeitpunkt haben werde, bei gleichzeitiger Sperrung der Waldstraße. Heißt im Klartext: Es werden für circa zwei Jahre nur die Hälfte der Straßenbahnen fahren können im Vergleich zu jetzt, zugleich sehe das von der Stadtverwaltung gegenüber RB vorgestellte Umleitungskonzept vor, dass sämtlicher Autoverkehr, unabhängig von der Tatsache, ob es Großveranstaltungen im Stadion bzw. auf der Festwiese gibt, von der Jahnallee über die Straße am Sportforum gen Leutzsch geführt werde. Somit drohe, dass die Jahnallee nicht nur zu Veranstaltungen bis Goerdelerring „zugestaut“ werde und somit auch die Straßenbahnen im Stau stehen werden. Franziska Riekewald zeigte sich von diesem Konzept überrascht, der Stadtrat sei darüber bislang nicht in Kenntnis gesetzt worden.
Sie versprach, im Stadtrat einen neuen Anlauf zu starten, die Innere Jahnallee vor und nach Veranstaltungen zu sperren, zeigte sich jedoch skeptisch, dass dies bei allen Fraktionen mehrheitsfähig sei. Sie versprach außerdem, weitere im Diskussionsverlauf angesprochene Punkte aufzunehmen.
Gespannt warten sowohl RB als auch DIE LINKE und die AG Stadionumfeld auf die mehrfach verschobene Vorstellung des Masterplans Sportforum durch die Stadtverwaltung und dort ggf. auch unterbreitete Lösungsvorschlägen bezüglich der Organisation des Verkehrs. Nach derzeitigem Stand sei dies laut Stadtverwaltung nun für das 2. Quartal 2023 vorgesehen. Im Vorfeld hat im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsprozesses in Form von Workshops unter anderem die AG Stadionumfeld eigene Vorschläge eingebracht.
AG Stadionumfeld