2020 – ein Fußballmärchen in der Krise
Kaum ein Unternehmen ist momentan in den Medien präsenter als die DFL.
Wir haben uns gefragt, was ist dran an den Statistiken und Darstellungen, die quer durch alle Medien geteilt werden. Wie schätzen die RB-Fans die aktuelle Situation rund um mögliche Geisterspiele ein.
Die meisten veröffentlichten Umfragen kennen dabei nur schwarz oder weiß, Geisterspiele oder Spielabbruch. Das Gros der Artikel wurde von Sportjournalisten verfasst, es wurden Funktionäre interviewt, kurzum die Bubble rund um den Profifußball formt ein Meinungsbild über sich selbst.
Man kann einem Guido Schäfer (Grüße an dieser Stelle) nicht verübeln, dass er den Wiederanpfiff herbei sehnt, schließlich lebt er von der Berichterstattung. Neuerdings sieht man ihn schon häufiger mit einem spritsparenden Zweirad und das obwohl die 35l/100km für seinen amerikanischen Boliden momentan so günstig sind wie nie.
Ralf Rangnick hingegen sieht als „Global Head of Sport and Development Soccer“ nicht weniger als das Wohl der gesamten Menschheit in den baldigen Geisterspielen. Nun gut.
Auch wir als Fanvertreter können natürlich nicht neutral sein, wir haben aber zumindest versucht die Umfrage so neutral wie möglich zu gestalten und zu betrachten.
Uns war wichtig den Probanden mehr Möglichkeiten zu geben und ein Stück weit zu verstehen wie die Fans ticken.
Neben der Meinung zu Geisterspielen wollten wir auch wissen, wie die Fans sich bezüglich des Timing positionieren und ob/wo sie eventuelle Geisterspiele verfolgen werden.
Von den 1213 Teilnehmern wurden 1128 gültige Stimmen abgegeben. Nur teilweise ausgefüllte Fragebögen sind nicht mit in die Auswertung eingeflossen.
Wie wir bereits vermutet hatten, ist die Freude über kommende Geisterspiele bei weitem nicht so hoch, wie häufig kommuniziert. Gerade einmal 24% der Probanden geben an, dass sie sich auf die Geisterspiele freuen würden,
"Saisonabbruch wäre wahrscheinlich (gerade für kleinere Vereine) fatal - Lösung geht demnach in Ordnung"
In der Gesamtbetrachtung sehen 45% der Teilnehmer Geisterspiele, mit Augenmerk auf die wirtschaftlichen Folgen, als mögliche Lösung in der Krise an. Auffällig ist dabei, dass die Akzeptanz sich antiproportional zu der Anzahl an Stadionbesuchen verhält. Vereinfacht könnte man sagen, wer bisher den Großteil der Spiele (25+) im Stadion verfolgte lehnt Geisterspiele eher ab, als dass er sich über die Aussicht darauf freut.
"Das ist der größte Scheiss, um es direkt ehrlich zu sagen. Fussball lebt von Fans im Stadion…von Lautstärke und Emotion…"
Die Erkenntnis überrascht nicht sonderlich, für viele sind es gerade die sozialen Kontakte, die das Fanleben ausmachen. Die Spiele gemeinsam erleben zu können hat einen höheren, bzw. mindestens den gleichen Stellenwert, wie das Spiel selbst.
Des weiteren haben wir gefragt, wie die Fans den angepeilten Termin ( zum Zeitpunkt der Umfrage noch der 09.05.2020) sehen. Eine eindeutige Tendenz lässt sich hier nicht direkt ablesen. Die hohe Zahl an Enthaltungen zeigt jedoch, dass sich die Frage nicht so leicht beantworten lässt.
Hier spielen neben den gesundheitlichen Risiken für Spieler, Mitarbeiter und Fans auch emotionale Aspekte mit rein. Die finale Entscheidung sollte jedoch ausschließlich unter wissenschaftlichen Erkenntnissen getroffen werden.
Nicht als Grafik dargestellt, aber dennoch interessant: 38% der Fans lehnen Geisterspiele zum jetzigen Zeitpunkt komplett ab (Summe der Teilnehmer, die entweder den Zeitpunkt als zu früh betrachten oder Geisterspiele allgemein ablehnen).
Für uns als Fanvertreter auffällig, in dem Hygienekonzept der DFL kommt der Fan nicht vor. Man geht hier von einer idealisierten Welt aus, die Fans sitzen wie selbstverständlich vor dem TV und verfolgen ihre Mannschaft.
Wer sich mit dem Verhalten und der Dynamik von Fans auseinandersetzt wird feststellen, dass das so nicht funktioniert.
"Wenn man jetzt noch erwartet das ich, wenn ich nichtmal ins Stadion kann wenn HIER GESPIELT WIRD , mir das ALLEINE zuhause anschauen soll ohne Freunde sorry aber das kann kein Mensch der Welt von mir erwarten."
Vermutlich werden sich keine großen Massen vor dem Stadion ansammeln, dennoch bringt der Fußball auch in Zeiten von Corona Menschen in Gruppen zusammen. Sich hier allein auf die Polizei oder die Polizeibehörde zu verlassen wäre naiv und blendet die eigene gesellschaftliche Verantwortung diesbezüglich komplett aus.
Wenn man sich einmal die Szenen anschaut, die sich in NRW bei der schrittweisen Öffnung von schwedischen Möbelhäusern abgespielt haben, dann möchte man sich nicht ausmalen was passiert, wenn die Öffnung von Kneipen und der Neustart der Bundesliga auf das gleiche Wochenende fallen.
Aber auch ohne Kneipen und Sportbars, die Fans werden einen Weg finden, die Spiele gemeinsam zu verfolgen.
In diversen Fußballgruppen sind bereits Planungen zu lesen, man wird sich in Gärten zum Grillen treffen oder im öffentlichen Raum verabreden.
Die Bundesliga verkauft nach eigenen Angaben ein Produkt, wie bei jedem anderen Händler muss daher auch die Sicherheit der „Kunden“ gewährleistet sein.
Höchstwahrscheinlich nicht in die Umfrage eingeflossen sind die Stimmen derer, die eine zunehmende Gleichgültigkeit gegenüber dem Produkt Fußball empfinden.
Häufig kritisiert wurde von den Teilnehmern außerdem die Sonderstellung, die der Fußball in der Krise für sich beansprucht. Auch wenn die Testkapazitäten, Stand jetzt, zur Verfügung stehen, so wird alleine durch die regelmäßigen Tests an symptomfreien Spielern eine Sonderstellung beansprucht, die der normalen Bevölkerung nicht zusteht.
Ein weiterer häufig kritisierter Punkt ist das Vorgehen bei positiven Tests. Auch wenn man sich hier auf die Empfehlungen des RKI beruft und zwischen Kontaktperson der Kategorie 1 und 2 unterscheidet, so bestimmen doch alleine die Bundesligaklubs selbst, wer als Kategorie 1 gemeldet wird und damit in Quarantäne muss.
Wie wahrscheinlich es ist, dass ein von der Insolvenz bedrohter Klub dann die ganze Mannschaft in Quarantäne schickt möge jeder selbst beurteilen.
Seit dieser Woche laufen nun die umstrittenen Tests und schon die ersten positiv getesteten Fälle bestätigen die Bedenken. Unter den 3 positiven Fällen beim 1.FC Köln sollen Medienangaben zu Folge zwei Spieler und ein Physiotherapeut sein. Laut Angaben des Spielers Birger Verstraete hat der Physio mehrere Spieler inkl. ihm selbst behandelt. Er selbst wurde aber als negativ getesteter Spieler entgegen aller Empfehlungen nicht in Quarantäne geschickt.
Ob die Spieler unter diesen Bedingungen befreit aufspielen können, kann man zumindest bezweifeln.
Neben der fehlenden Unterstützung auf den Rängen wird auch viel Leidenschaft auf dem Platz fehlen, wenn der Kopf nicht frei ist und die Spieler sich Gedanken um ihre Gesundheit machen müssen.
Am Besten beschreibt die ganze Situation ein Zitat aus dem Millernton Blog:
„Der ganze Bums hier ist eine einzig große Scheiße, aber wir müssen da jetzt leider durch.“
Statistikfetischisten finden hier alle Zahlen inkl. Bonusmaterial: https://fanverband-rbl.de/auswertung-umfrage-geisterspiele/